Robert Wulnikowski


 

* 11.07.1977

 

Robert Wulnikowski steht beim OFC wie kein anderer für die Zeit von 2008 bis 2013, in der die Kickers ununterbrochen der 3. Liga angehörten. Mit 182 Partien war er zwischenzeitlich der Spieler mit den meisten Einsätzen in dieser neu eingeführten Spielklasse.

 

Wulnikowski wurde im polnischen Bydgoszcz geboren und zog als Jugendlicher ins Ruhrgebiet, wo er die Jugendabteilung des FC Schalke 04 durchlief und danach in der 2. Mannschaft der Königsblauen spielte. Als gelernter Industriemechaniker arbeitete er auch ein Jahr lang unter Tage in der mittlerweile stillgelegten Gelsenkirchener Zeche „Hugo“. 1999 wechselte Wulnikowski zu Union Berlin, wo er zunächst hinter Kay Wehner, dann hinter Sven Beuckert die Nummer 2 war. In der Saison 2000/01 erreichten die Eisernen als Regionalligist das Finale des DFB-Pokals. Wulnikowski saß zwar auch im Endspiel nur auf der Bank, war aber im Viertelfinale beim 1:0-Sieg gegen den VfL Bochum zum Einsatz gekommen. Nach einem Trainerwechsel gelang es Wulnikowski im Oktober 2002, Beuckert zu verdrängen. In der Folgezeit bestritt er für Union insgesamt 54 Zweitligaspiele. Nach dem Abstieg der Berliner wechselte Wulnikowski im Sommer 2004 zum Zweitligaaufsteiger Rot-Weiss Essen. Dort erwischte er jedoch gleich in seinem ersten Spiel bei der 1:5-Heimniederlage gegen Aue einen rabenschwarzen Tag und verlor nach nur zwei Spielen seinen Stammplatz an René Renno.

 

Nach drei Jahren in der Regionalliga Süd beim VfR Aalen und den Sportfreunden Siegen wechselte der 1,92 cm große Schlussmann im Sommer 2008 zu den gerade aus der 2. Bundesliga abgestiegenen Kickers. Dank seiner starken Leistungen avancierte „Wulle“ in Offenbach schnell zum Publikumsliebling und galt lange als bester Torwart der 3. Liga. Sein vielleicht bestes Spiel im Kickers-Trikot machte Wulnikowski am 27. Oktober 2010, als er im DFB-Pokalspiel gegen den späteren Deutschen Meister Borussia Dortmund nach 120 Minuten ein 0:0 festhielt und im folgenden Elfmeterschießen, das der OFC mit 4:2 gewann, zwei Elfmeter von Barrios und Lewandowski parierte.

 

Am 1. Spieltag der Saison 2011/12 zog sich Wulnikowski in Heidenheim bei einem Zusammenprall mit einem Gegenspieler einen doppelten Bruch des Jochbogens zu, spielte zunächst noch zehn Minuten benommen weiter, ehe er ausgewechselt wurde. Zwölf Tage später stand er beim 2:0-Sieg gegen Sandhausen mit einem eigens angefertigten Spezialhelm wieder zwischen den Pfosten.

 

In seinen fünf Jahren beim OFC sah Wulnikowski viele Mitspieler kommen und gehen. Er selbst war die einzige Konstante und einer der wenigen, der beständig gute Leistungen zeigte. Sinnbildlich dafür waren die „Außer Wulle könnt ihr alle gehen!“- Sprechchöre, die fast in jedem Frühjahr aufs Neue im Stadion auf dem Bieberer Berg ertönten, wenn die Kickers den anvisierten Aufstieg zu verpassen drohten und der nächste personelle Umbruch bevorstand. Innerhalb der Mannschaft soll Wulnikowski jedoch bei weitem nicht so beliebt gewesen sein wie beim Publikum. Er galt als Einzelgänger. Das Amt des Spielführers lehnte er stets ab.

 

Am 11. Mai 2013 bestritt Wulnikowski beim 1:0-Sieg gegen Wehen ohne es zu wissen sein letztes Spiel für den OFC. Eigentlich hätte er noch zwei weitere Jahre im Kickers-Tor stehen und dann René Keffel als Torwarttrainer ablösen sollen, doch der Zwangsabstieg machte diese Planung zunichte. Jedem war klar, dass sich die Kickers als insolventer Viertligist keinen Torhüter mehr leisten können, der schon in der 3. Liga ein Gehalt bezog, bei dem so mancher Zweitligaspieler neidisch hätte werden können. Anfang August 2013 verkündete Wulnikowski überraschend, dass er gerne weiter für den OFC spielen würde und klagte vor dem Arbeitsgericht auf Weiterbeschäftigung. Sein Vertrag enthielt zwar eine Prämienregelung für den Europapokal, von der Regionalliga war dagegen keine Rede. Das Gericht entschied schließlich, dass der Vertrag auch in der Regionalliga Gültigkeit besäße, jedoch nicht zu den in der 3. Liga abgeschlossenen Konditionen. Der Anschlussvertrag als Torwarttrainer ließ zwar die Absicht einer längerfristigen Zusammenarbeit erkennen,  sah aber einen Verbleib der Kickers in der 3. Liga vor. Kurz vor Weihnachten 2013 einigten sich beide Parteien außergerichtlich auf eine rückwirkende Auflösung des Vertrags zum 30. Juni 2013. Es ist davon auszugehen, dass Wulnikowski eine Abfindung erhalten hat. Einerseits war es sicher sein gutes Recht als Arbeitnehmer, das beste für sich herausholen zu wollen, andererseits hatten die Fans wenig Verständnis dafür, dass ein Spieler, der beim OFC fünf Jahre lang gutes Geld verdient hat, gegen einen nunmehr insolventen Viertligisten prozessiert. Seinen Heldenstatus hat Wulnikowski in Offenbach jedenfalls eingebüßt.

 

Im Februar 2014 unterschrieb Wulnikowski für ein halbes Jahr bei RB Leipzig, wo er jedoch wegen der abgelaufenen Wechselfrist nur in der 2. Mannschaft eingesetzt werden durfte. Seine Verpflichtung diente hauptsächlich dafür, den Trainingsbetrieb bei den Profis aufrechtzuerhalten, weil dort gleich drei Keeper verletzt waren.

 

Im Sommer 2014 schloss sich Wulnikowski den in der Regionalliga Bayern spielenden Würzburger Kickers an, mit denen ihm auf Anhieb der Aufstieg in die 3. Liga und im Folgejahr sogar der Durchmarsch in die 2. Bundesliga gelang. Dort ging der Höhenflug zunächst weiter: Die Franken überwinterten auf  dem 6. Platz. Nachdem in der Rückrunde jedoch kein einziges Spiel mehr gewonnen werden konnte, stürzten die Kickers auf Rang 17 ab, was den direkten Wiederabstieg bedeutete. Dies hatte sicherlich auch damit zu tun, dass sich Wulnikowski im März 2017 einen Kreuzbandanriss zuzog und somit in den letzten neun Saisonspielen nicht mehr eingesetzt werden konnte. Aufgrund dieser Verletzung beendete er schließlich seine Karriere und erhielt in Würzburg einen zunächst auf zwei Jahre datierten Anschlussvertrag als Torwarttrainer.