Oliver Roth
* 30.01.1968 |
Bis
Mitte der 90er Jahre galt Oliver Roth als Kickers-Schreck, weil er im Trikot
von FSV und Rot-Weiß Frankfurt immer wieder gegen den OFC getroffen hatte. Der
Torjäger sollte nach seinem Wechsel an den Bieberer Berg zu einem Offenbacher
Idol werden. Wie kein anderer steht er für den Aufstieg der Kickers von der
viertklassigen Oberliga in die 2. Bundesliga innerhalb von drei Jahren. Er war
ein ausgebufftes Schlitzohr, ein typischer Strafraumstürmer, der auf seine
Chance lauerte, meistens an der richtigen Stelle stand und mit allen
Körperteilen Tore erzielte. Mit 74 Treffern in 132 Spielen schoss in den 1990er
Jahren kein anderer mehr Tore für die Kickers.
Nach
seiner Zeit beim FSV Frankfurt wechselte Roth zu Borussia Dortmund, wo er in
der Saison 1988/89 jedoch nur zu einem Bundesligaeinsatz kam. Unter Trainer
Dragoslav Stepanovic wurde er mit Rot-Weiß Frankfurt 1989/90 Meister der
Oberliga Hessen, scheiterte aber in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga.
Nachdem Rot-Weiß 1995 aus der neugegründeten Regionalliga Süd abstieg, schrieb
er sich an der Universität von Birmingham im US-Bundesstaat Alabama ein und
machte dort seinen Bachelor-Titel in Business Administration. Nebenbei spielte er bei den Birmingham Panthers.
Nach
seiner Rückkehr nach Deutschland nahm Roth eine Anstellung als
Wertpapierhändler an der Frankfurter Börse an. Klaus Gerster, den Portas-Chef
Horst Jung gerade erst als neuen Technischen Direktor installiert hatte, holte
Roth im Januar 1996 zum OFC, der zu diesem Zeitpunkt Fünfter der Oberliga
Hessen war. Der neue Angreifer schlug ein wie eine Bombe, traf gleich im ersten
Spiel dreimal und bildete mit Goran Skeledzic ein Sturmduo, welches in der Oberliga
seines gleichen suchte. Seine 15 Tore in 17 Spielen sollten jedoch noch nicht
zum Aufstieg reichen. In der Saison 1996/97 bestritt Roth alle 34 Spiele und
verhalf dem OFC mit 25 Toren zum 2. Tabellenplatz, der zur Teilnahme an der
Aufstiegsrelegation berechtigte. Nach denkwürdigen Spielen gegen Pforzheim und
Memmingen (Flutlichtausfall) sollte diesmal der Aufstieg gelingen.
Auch
in der Regionalliga schoss Roth weiterhin Tore wie am Fließband (16 Treffer in
31 Spielen). Mit einer kaum veränderten Mannschaft wäre den Kickers mit ihrem
neuen Trainer Hans-Jürgen Boysen als Tabellenzweiter fast der Durschmarsch in
die 2. Bundesliga gelungen.
In der Aufstiegsrunde scheiterte man jedoch an den Sportfreunden
Siegen und Tennis Borussia Berlin. In der Folgesaison schoss Roth in 28 Spielen
erneut 16 Tore und der OFC qualifizierte sich als Zweiter wieder für die
Aufstiegsrunde. Sein Treffer zum 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück am 19. Juni 1999
war der Startschuss zu tagelangen
Feierlichkeiten. Die Kickers waren nach zehn Jahren Abstinenz wieder
zweitklassig.
Nach
dem Aufstieg kam es jedoch zum Zerwürfnis mit Trainer Boysen. Roth wollte wie
zu Oberliga- und Regionalligazeiten weiterhin tagsüber seinem Job an der Börse
nachgehen, während der Trainer darauf bestand, in der 2. Bundesliga nur noch
mit Vollprofis zu arbeiten. Die schon sicher geglaubte Vertragsverlängerung mit
dem Aufstiegshelden stand somit auf der Kippe. Die Fans schlugen sich
mehrheitlich auf die Seite des Stürmers und bombadierten die „Offenbach Post“
tagelang mit Leserbriefen. Schließlich ließ sich Roth für ein Jahr von seinem
Börsenjob freistellen. Allerdings verlor er nicht nur sein Kapitänsamt an
Neuzugang Lars Schmidt, sondern auch seinen Stammplatz. Erst nach der
Entlassung Boysens kam Roth unter dessen Nachfolger Peter Neururer wieder
häufiger zum Zug. Letzlich war die 2. Liga für ihn aber doch eine Nummer zu
groß. In 22 Spielen gelangen ihm nur zwei Tore. Nach dem direkten Wiederabstieg
beendete Roth seine Spielerkarriere. Im November 2000 fungierte er gemeinsam
mit Dieter Müller für vier Spiele als Interimstrainer der Kickers. Anschließend
war er für ein halbes Jahr OFC-Manager, ehe er sich ganz aus dem
Fußballgeschäft zurückzog.
Danach
konzentrierte sich Roth auf seine Tätigkeit an der Börse, wo er mittlerweile
zum Chefhändler aufgestiegen ist. In den letzten Jahren war er auch häufig als
Börsenexperte im Fernsehen zu sehen. Bei den Kickers gab er im September 2012
ein Comeback als Technischer Direktor, der das Präsidium um Dr. Frank Ruhl in sportlichen
Belangen beraten sollte. Nur ein Jahr später zog sich Roth wieder vom OFC zurück, indem er
erklärte, bei den Neuwahlen des Vorstandes nicht mehr zur Verfügung zu stehen.